Einschlafstillen und Stillen in der Nacht

Dos und Don'ts

In der frühkindlichen Erziehung wirft kaum etwas so viele Unsicherheiten und Ängste, etwas "falsch" zu machen auf, wie der Babyschlaf. Zum Glück gibt es viele tolle BabyschlafexpertInnen, die sich diesem Thema annehmen. In diesem Blogartikel möchte ich auf das Thema "Stillen und Schlafen" und auch "Einschlafstillen" eingehen. Leider hält sich der Mythos sehr hartnäckig, dass das Stillen in Verbindung mit dem Schlaf das Baby verwöhnt. Vorab: das tut es nicht

Das Steinzeit-Baby weiß nichts von 2024

Wenn ein Baby als physiologische Frühgeburt auf die Welt kommt, dann ist es hilflos. Es kann atmen, schreien, ausscheiden, schlafen und stillen. Soweit grob heruntergebrochen. Physiologische (also "normal" im medizinischen Sinne) Frühgeburt deshalb, weil es im Vergleich zu vielen anderen Säugetieren noch lange braucht um selbstständig zu überleben. Wir Menschen können einen Säugling aber aufgrund unseres Körperbaus nicht länger austragen und daher kommen Menschenbabys in diesem Sinne "zu früh" auf die Welt.

Und sobald ein Baby geboren wird, weiß es nunmal nicht, dass wir 2024 haben und in der Regel in sicheren, warmen Umgebungen wohnen. Es ist noch auf das Überleben programmiert: feindliche Stämme, starke Kälte oder Hitze, Raubtiere & co. Für ein Menschenkind ist es daher überlebensnotwendig, bei seiner Mutter (oder anderen allein überlebensfähigen Menschen) zu sein.

Die komplette Kontrolle über seine Sicherheit gibt ein Mensch auf, wenn er schläft. Für ein Baby bedeutet auch alleine sein eine zusätzliche Gefahr - den nun ist es leichte Beute für Raubtiere, Überfälle und co. 

Das ist übrigens auch der Grund, weshalb dein Baby sich so ungern ablegen lässt - es fühlt sich sicher, wenn es bei dir ist. Aber zurück zum Schlaf:

Was braucht es zum Einschlafen? Und was kann Stillen geben?

Ich fasse es als Aufzählung ganz kurz zusammen.

Wenn ein Mensch einschlafen möchte, dann braucht es...

... die Sicherheit, dass keine Gefahren kommen werden. --> Beim Stillen ist das Baby sicher im Arm der Mutter. Die Mutter würde bei Gefahr nicht stillen.

... Wärme, um in den Schlaf zu finden. --> Die Köperwärme der Mutter wärmt von außen, die Muttermilch von innen.

...  Vertrauen, das die Umgebung sicher bleibt. --> Wenn die Mama entspannt und ohne Stress ist, ist es das Baby idR auch.

... Sättigungsgefühl. --> Stillen ist neben Sicherheit, Wärme und Geborgenheit natürlich auch Nahrung und Trinken.

... Hormone, die müde machen. --> In der Muttermilch sind je nach Tageszeit die passenden Hormone (bzw. Aminosäuren) enthalten, damit der kindliche Körper leichter einschläft oder wach wird.

Natürlich gibt Stillen/Muttermilch mehr als das, aber grob gesagt, deckt das Stillen die wichtigsten Aspekte ab, die es zum Einschlafen braucht.

Woher kommen die Mythen wie "Einschlafstillen verwöhnt das Kind"?

Sätze wie "Einschlafstillen verwöhnt", "das Kind wird unselbstständig" und "selbst schuld, wenn dein Kind nie alleine einschläft" hören Eltern leider noch viel zu oft. Aber woher kommen diese (falschen!) Annahmen?

Dazu müssen wir uns die Erziehung und Pädagogik der vergangenen Jahrhunderte anschauen. Im 19. und 20. Jahrhundert war die heute so genannte "Schwarze Pädagogik" (hier mehr nachlesen) sehr präsent. Das Ziel war klar: den Menschen zu "perfektionieren", mit allen möglichen Mitteln. Leider haben diese Mittel wie Demütigung, Strafe & Liebesentzug eher Traumata hinterlassen als eigenständige, gesunde Erwachsene.

Aus eben dieser Zeit kommen die oben, sich hartnäckig haltenden, Mythen.

Ein so junges Kind ist kognitiv (entwicklungstechnisch) nicht in der Lage, sich selbst zu beruhigen: der präfontale Kortex beispielsweise ist nicht ausgeprägt, ein Säugling kann aufgrund seiner Gehirnreife sich nicht selber beruhigen.

Kinder, die mithilfe von Schlaftraining (Schreien lassen, ferbern, plötzliches Einschlafen ohne Körperkontakt, Entzug von Einschlafhilfen, etc.) "gelernt" haben, einzuschlafen, haben in der Wahrheit nur aufgegeben: sie sind der Überzeugung, dass kein*e Erwachsene*r kommen wird, um ihnen zu helfen, wo sie doch aus Angst (siehe Steinzeit-Baby) so lange geschrien haben.

--> Für Säuglinge und Kleinkinder ist Einschlafen mit Körperkontakt und auch Einschlafen mit Stillen ein Grundbedürfnis und normal!

Muttermilch als Schlafmittel

In der Muttermilch sind viele verschiedene Inhaltsstoffe enthalten. Unter anderem auch welche, die es dem gestillten Kind einfach(er) machen, ein- und weiterzuschlafen.

Oxytocin und verschiedene Endorphine wirken beruhigend bis einschläfernd auf das Kind. Dazu ein Beispiel, was in eine ganz andere Richtung geht, aber das gleiche Hormon Oxyitocin beinhaltet: Kennst du das Gefühl, wenn du richtig warm und gemütlich müde wirst, nachdem gemütlich mit deiner/-m Partner/-in gekuschelt hast oder einen Orgasmus hattest? Beim Kuscheln, beim Orgasmus und beim Stillen wird das Liebeshormon Oxytocin ausgeschüttet, was eben so warm und kuschelig macht. Und das Gefühl bekommt dein Kind vorm Einschlafen durch das Stillen.

Aber auch Melatonin kann durch das Stillen ausgeschüttet werden. Melatonin ist ein Hormon, was den Schlaf fördert, was wir Erwachsenen automatisch ausschütten, wenn es draußen dunkel wird: Bettgehzeit! Über die Muttermilch geben wir abends Aminosäuren wie Tryptophan an die Kinder weiter, die im kindlichen Körper zu Melatonin umgewandelt werden - das heißt, abends signalisieren wir den Kindern durch die Muttermilch, dass es Schlafenszeit ist.

Übrigens hilft Muttermilch auch morgens dem Kind in die Gänge zu kommen, also wach zu werden... ähnlich wie unser Kaffee. :-)

Nachts stillen regt die Milchbildung an - und ist praktisch

In der Nacht ist der Prolaktinspiegel in der Milch am höchsten. Prolaktin ist das Hormon, welches benötigt wird, um die Milchbildung anzuregen. Wenn in der Nacht viel gestillt wird - demnach nach Bedarf des Kindes gestillt wird - wird keine unnatürlich lange Pause zwischen den Stillmahlzeiten entstehen und die Milchbildung wird noch einmal extra angeregt, weil nachts mehr Prolaktin ausgeschüttet wird.

Wird also in der Nacht "normal" weitergestillt, also jedes Mal, wenn das Kind es einfordert, bleibt nicht nur die Milchbildung konstant, sondern auch das Gewicht des Säuglings entwickelt sich optimal und der Norm entsprechend.

Auch nächtliche Wach- oder Schreiphasen werden verringert oder sogar vermindert, wenn das Kind an der Brust trinken oder sogar im sicher gestalteten Familienbett schlafen darf. Die stillende Mama muss nicht erst aufstehen, sondern kann ihr Kind einfach zu sich holen und stillen, ohne dass es lange weinen muss. 

In der Regel kann die Mama nachts auch weiterschlafen während sie stillt - manchmal hilft es hier, die Stillposition zu überprüfen/anzupassen, sodass die Mama bequem liegen kann.

Auch verringert das Stillen in der Nacht Studien zufolge das Risiko vom SIDS (plötzlicher Kindstod), da das Kind häufiger wach wird zum Trinken, nahe bei der Mutter ist und regelmäßig Saugen muss, um die Vorteile der Muttermilch zu erleben (übrigens ermüdet dieses "Saugen" an der Brust vor allem kleine Kinder noch zusätzlich, sodass sie noch einfacher in den Schlaf kommen).

 

Einschlafstillen als Entspannungszeit nutzen

Abgesehen von den vielen Vorteilen, die das Einschlafstillen für das Kind hat und dass es vollkommen natürlich ist, in den Schlaf zu stillen, ist es für Mamas in der heutigen Gesellschaft manchmal eher eine Last: der Druck von Außen, die unterschwellige Angst, dass man das Kind vielleicht doch verwöhnt (was man wirklich nicht mit Einschlafstillen kann!), oder die innere Anspannung lassen diesen eigentlich schönen Moment zu einem Stressmoment werden.

 

Ich habe einige Tipps gesammelt, die dir hoffentlich helfen können, die Zeit des Einschlafstillens in eine positive Zeit umzuwandeln:

  • positive Affirmationen wie "Mein Kind benötigt mich zum Einschlafen und das ist völlig normal", "Wenn ich mein Kind in den Schlaf stille, lernt es, das Einschlafen mit etwas positivem zu verknüpfen", "Einschlafstillen ist ein Grundbedürfnis meines Kindes"
  • eine positive Grundeinstellung gegenüber der Zeit, in der das Kind in's Bett gebracht wird: die Zeit als Exklusivzeit sehen; die Zeit für die eigene Entspannung nutzen; in's Gedächtnis rufen, dass diese Zeit vorüber geht;...
  • Medien verwenden, um die Zeit für sich selber zu nutzen: Podcast, eBooks/Bücher, Serien/Filme auf dem Handy, ... (Achtung bei Bildschirmen: am besten so drehen, dass das Kind diesen nicht sehen kann, bei Ton (kabellose) Kopfhörer verwenden)
  • Die Zeit produktiv nutzen: E-Mails beantworten, am Handy arbeiten, Einkaufslisten schreiben, ...
  • Meditieren, Traumreisen, Beten, ... - aktive Entspannung
  • Austausch mit anderen (einschlafstillenden) Müttern z.B. über WhatsApp-Gruppen (wie beispielsweise die STILLBAR*) oder Freundinnen/Bekanntschaften in der gleichen Situation

Sollte eure Einschlafsituation aber so prekär sein, dass du keine Kraft mehr hast, dann lege ich dir sehr an's Herz eine Schlafberaterin zurate zu ziehen. Auch hier gilt: informiere dich über die Methoden, vereinbare ggf. einen kostenfreien Erstkontakt (wenn angeboten) und lass so eure Situation optimieren. Selbst mit dem besten Blogartikel (egal, von welcher Website) lassen sich manche, sehr individuelle Situationen nicht regeln - daher ist es manchmal besser, sich Hilfe zu suchen! :-) 

 

Und zum Schluss...

Ich hoffe, dieser Artikel zum Einschlafstillen und Stillen in der Nacht konnte dir Unsicherheiten nehmen und Fragen beantworten. Ich wünsche dir, deinem Baby und deiner Familie ruhige und geborgene Nächte. Und sollten die Nächte grade hart sein: es geht vorüber!

 

Dieser Blog wächst weiter mit deinen Fragen und deinem Feedback - daher freue ich mich über eine Nachricht hier über das Kontaktformular oder über meinen Instagramkanal

 

In Liebe,

Sabrina

 

 

 

 

 

 

Stand dieses Eintrages: 27.02.2024, Verfasserin: Sabrina Grabow, In Liebe Stillen

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